Aus dem Konzept
Was beschlossen wurde
Maßnahme 1: Die Fußgängerachse Hauptbahnhof <-> Markt wird bis zum Landesmuseum Moritzburg mittels einer weitgehend durchgängigen Fußgängerzone verlängert. Im Sinne einer fußverkehrsfördernden Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Moritzburg sind nordwestlich des Marktplatzes die Bereiche Große Klausstraße Ost (Anschluss Markt-platz), Kleine Ulrichstraße (zwischen Dachritzstraße und Moritzburgring) und Bergstraße (alternativ Kleine Schlossgasse) als Fußgängerzonen zu widmen. Lieferverkehr wird in be-grenzten Zeitabschnitten (z. B. vormittags) zugelassen sein. Grundstückseigentümer und gemeldete Mietende von Wohnungen und Gewerberäumen dürfen mit Ausnahmegenehmi-gung einfahren.
Maßnahme 2: Die verkehrsberuhigten Bereiche werden in nordwestlicher und südlicher Alt-stadt ausgedehnt. Ziel ist, Aufenthaltsqualität und Bedingungen für den Fußverkehr zu verbessern; insbesonde-re dort, wo schmale Gehwege immer wieder Zufußgehende auf die Fahrbahn ausweichen lassen. Zuvor sind Umgestaltungen der Straßenräume erforderlich, um die mit der StVO vor-geschriebene Konsistenz von Straßenbild und Verkehrsorganisation herzustellen. Für die Oleariusstraße zwischen Hallmarkt und Dachritzstraße ist eine Sonderlösung erfor-derlich, um die Erreichbarkeit der Tiergarage Händelhauskarree zu sichern.
Maßnahme 3: Die teilweise sehr langen Wartezeiten für den Fuß- und Radverkehr an den signalisierten Querungen des Altstadtrings, insbesondere am Glauchaer Platz, werden über-prüft und, soweit verkehrstechnisch vertretbar, reduziert. Insbesondere der Glauchaer Platz mit seinen vielen einzelnen Furten stellt für den Fuß- und Radverkehr eine kaum zumutbare Barriere dar. Rotlicht-Verstöße sind hier nahezu ständig zu beobachten, wobei das Verständnis für lange Wartezeiten bei geringerem Verkehrsaufkom-men, z.B. am Abend, am geringsten ausgeprägt ist. Gerade zu diesen Tageszeiten könnten die Freigaben für den Fuß- und Radverkehr ausgeweitet werden, ohne die Leistungsfähigkeit des Knotens für den Kfz-Verkehr zu gefährden. Es ist an allen Querungen des Altstadtrings sicherzustellen, dass die gemäß Regelwerk ma-ximalen Wartezeiten von 60 Sekunden (Ausnahme: 80 s) nicht überschritten und geteilte Fur-ten möglichst in einem Zug überquert werden können. Dies ist nur zulasten des Kfz- und ggf. Straßenbahnverkehrs möglich.
Maßnahme 4: Alle Fußgängerzonen werden uneingeschränkt für den Verkehr mit Fahrrädern freigegeben. Mit der Maßnahme soll insbesondere die wichtige Radverkehrsachse von und zum Haupt-bahnhof gestärkt und aufgewertet werden. Gut wahrnehmbare Hinweisschilder und Bestrei-fung durch Ordnungskräfte sollen die Radfahrenden dazu bewegen, sich angemessen und rücksichtsvoll zu bewegen. Die Alternativroute via Franckestraße bleibt weggewiesen. Den-noch wird die Verträglichkeit mit dem Fußgängerverkehr sehr kritisch zu beobachten sein – mit der Option zum Status Quo zurückzukehren.
Maßnahme 5: Im öffentlichen Straßenraum werden zusätzliche Fahrradabstellanlagen inte-griert. Mit dem Wegfall öffentlicher Kfz-Stellplätze sind vermehrt Fahrradabstellanlagen vorzusehen (z. B. Radanlehnbügel), die als bauliche Elemente auch zur Sperrung oder künstlichen Einen-gung von Straßen dienen können. Ein Umsetzungskonzept wird erstellt. Dabei sind auch mögliche Standorte für „Fahrradparkhäuser“ in den Bereichen Marktplatz und Universität zu eruieren.
Maßnahme 6: Der Radverkehrsring um die Altstadt wird zwischen Klausbrücke und Kreisver-kehr Oper mittels beidseitiger Radfahrstreifen geschlossen. Der Kfz-Verkehr wird, vorerst im Rahmen eines einjährigen Versuchs, in diesem Abschnitt nur noch im Uhrzeigersinn (nord- und ostwärts) geführt. Die Maßnahme dient, neben der Stärkung des Radverkehrs, der Verringerung des Verkehrs-aufkommens im Bereich der westlichen und nördlichen Altstadt (und darüber hinaus im ge-samten sensiblen Verlauf zwischen Burg- und Ankerstraße). Die Fahrtrichtung der mittig ge-führten Kfz entspricht der gegenwärtigen Umleitung am Robert-Franz-Ring und würde auch dem künftigen Parkhaus Oper mit Zufahrt von der Kapellengasse und Ausfahrt zum Universi-tätsring Genüge tun (direkter Abfluss zum Joliot-Curie-Platz möglich). Dennoch ist die Maßnahme als „Verkehrsversuch“ zu werten und bei negativer Evaluation nach der Eingewöhnungsphase (ca. 1 Jahr) anzupassen bzw. rückabzuwickeln. Angesichts des Pilot-Charakters wird eine Förderung im Rahmen des Programms „Post-Corona-Stadt“ angestrebt.
Maßnahme 7: Die Verkehrsführung wird in östlicher und südöstlicher Altstadt optimiert (Rat-hausstraße als Einbahnstraße, Mittelstraße gedreht; Planstraße zwischen Waisenhausring und Großer Brauhausstraße). Im Bereich der Großen Steinstraße sollen nur Kraftfahrzeuge im Lieferverkehr (und Radfah-rende) auf den Straßenbahngleisen gestattet werden, um Behinderungen für die Straßenbah-nen (z. B. durch den Rückstau wartender Kfz an der Ausfahrt Joliot-Curie-Platz) zu vermei-den. Nicht-berechtigte Kraftfahrer können dann nur noch über die Schulstraße das Altstadt-areal verlassen. Die Drehung der Einbahnstraßenrichtung in der Mittelstraße bewirkt eine bessere Erreichbar-keit der dortigen Grundstücke und kürzere Wege des betreffenden Quell-Ziel-Verkehrs. In der Rathausstraße als wichtiger Fußverkehrsachse, insbesondere zwischen Tiefgarage Hansering und Marktplatz, sollen durch Straßenraumgestaltung und Verkehrsorganisation (Einbahnstraße mit wechselseitig baulicher Einordnung von Sonderstellplätzen) sowie das konsequente Geschlossenhalten der Polleranlage am Zugang der Fußgängerzone Ge-schwindigkeitsniveau und Verkehrsaufkommen wirksam verringert werden. Der Straßenneubau im Rahmen der Umsetzung des Bebauungsplans Nr. 180 zwecks leis-tungsfähiger und sicherer Erschließung des Großvorhabens südlich des Ritterhauses wird die Anbindung des gesamten Quartiers an den Altstadtring verbessern (Zufahrt via Planstra-ße, Ausfahrt via Kleine Brauhausstraße). Ein ausreichend breiter Gehweg wird den starken Fußverkehr von/zu den Franckeschen Stiftungen aufnehmen (u.a. Schulweg).
Maßnahme 8: Auf den öffentlichen Fahrbahnen innerhalb des Altstadtrings wird Kfz-Parken nur noch zwecks Carsharing und für Beförderungsunternehmen, Handwerker, Schwerbehin-derte und Wochenmarkthändler erlaubt. Es ist ein schrittweiser Wegfall der Stellplätze, zunächst in den ausgeprägten Gastronomie- und Einzelhandelsbereichen, später auch in den Wohngebieten vorgesehen. Ausnahmen sind für den in sich geschlossenen Wohnbereich Brunoswarte vorgesehen, der weder zentren- noch touristisch relevant ist. Hingegen soll auch das Parken auf dem Jerusalemer Platz ent-fallen, da (trotz moderner Bausubstanz) eine der Historie angemessene Umgestaltung des Platzes im erhaltenen Stadtgrundriss vorgesehen ist. Der Parkplatz Friedemann-Bach-Platz soll zunächst erhalten bleiben, bis ein schlüssiges Parkraum- und Umfeldkonzept für das Landesmuseum Moritzburg erarbeitet wurde. Die Kapazität von Parkierungsanlagen am Alt-stadtring soll gesteigert werden (z.B. Parkhaus Oper). Es soll darauf hingewirkt werden, dass öffentlich zugängliche Stellplätze in privaten Parkierungsanlagen zum Stellplatzkontingent bei der Anwendung des Stellplatzschlüssels für das Bewohnerparken berücksichtigt werden dür-fen, damit das Bewohnerparken auf den verbleibenden Stellplätzen im Straßenraum stattfin-den kann und Besucher der Altstadt (Beschäftigte, Gäste, Kunden, Klienten und Patienten) die Stellplätze in Parkhäusern und Tiefgaragen nutzen (müssen). Be- und Entladen von Kfz, ins-besondere von Lieferfahrzeugen, bleibt im Rahmen der StVO erlaubt. Die Maßnahme soll die Aufenthaltsqualität in den Straßen für alle Nutzer der Altstadt spürbar steigern sowie Lebensraum für die Bewohner, insbesondere auch für Kinderspiel, schaffen. Der Effekt wird durch Umgestaltungen im Straßenraum durch gliedernde Elemente (mobiler oder immobiler Art) verstärkt. Insbesondere soll eine signifikante Anzahl zusätzlicher Anlehn-bügel für Fahrräder auf freiwerdenden Kfz-Stellflächen installiert werden, um ein alternatives Angebot für die Erreichbarkeit der Altstadt zu schaffen.
Maßnahme 9: Im öffentlichen Straßenraum werden mehr Standorte für Carsharing-Stationen angeboten. Einerseits muss den auf das Auto angewiesenen Bewohnern der Altstadt eine Alternative ge-geben werden, sobald durch Maßnahme 8 die Kfz-Stellplätze auf den Fahrbahnen entfallen. Andererseits wird mit dem Freiwerden der heutigen Parkstreifen erst Platz geschaffen für zusätzliche Carsharing-Stationen. Anzahl und Lage der zusätzlichen Stationen werden mit den interessierten Anbietern abge-stimmt. Stationsgebundenes Carsharing zu fördern, trägt laut Studien nachweislich dazu bei, dass sich der durchschnittliche Fahrzeugbesitz von Privathaushalten verringert (insbesonde-re „Zweitwagen“).
Maßnahme 10: Intensivierte Kontrolle und effektive Sanktionierung sollen Verstöße durch Ver-kehrsteilnehmer gegen die bestehenden und hinzukommenden Ge- und Verbote minimieren. Schon die heutige Verkehrsorganisation in der Altstadt würde eine weitgehende Verkehrsbe-ruhigung bewirken, wenn sich möglichst alle Verkehrsteilnehmer an die bestehenden Rege-lungen hielten. Falsch geparkte Fahrzeuge und missachtete Einfahrverbote sind jedoch häufig (und zunehmend) zu beobachten. Der Fuß- und Radverkehr wird dabei nicht selten behindert oder gar gefährdet. Durch die auszuweitenden Beschränkungen für den Kfz-Verkehr und das mindestens an-fänglich mangelnde Verständnis der Kraftfahrer wird die Ahndung von Verstößen im fließen-den und ruhenden Verkehr umso wichtiger sein, um die mit den Maßnahmen verfolgten Ziele zu erreichen. Auch den zuzulassenden Radverkehr in den Fußgängerzonen gilt es zu „erzie-hen“ ( Gebot der Rücksichtnahme).
Maßnahme 11: Es wird, in Abstimmung und Kooperation mit der Wirtschaft, eine hinsichtlich Fahrzeugemissionen und -dimensionen altstadtverträgliche Lieferlogistik eingeführt. Ziel ist, den zunehmenden (motorisierten) Lieferverkehr in der Altstadt, auch vorbildhaft für andere dicht bebaute Stadtquartiere, zu reduzieren. Zum Beispiel könnten innerhalb der ein-zelnen Erschließungsquadranten zentrale Paket-Depots an geeigneten, gut erreichbaren Straßen- und Wegeknoten der Altstadt eingerichtet werden. Von dort sollen private und ge-werbliche Kunden sodann ihre KEP-Waren (Kurier-, Express- und Paket-Dienste) abholen. Bei den Standorten der Paket-Depots ist auf die Integration der Anlagen in das historische Stadtbild zu achten (Denkmalschutz), weshalb sich Einrichtungen in Gebäuden eignen. Ein Service von Lastenfahrrädern, die man entweder ausleihen oder samt Fahrer für die Haus-türzustellung buchen kann, würde das System ggf. komplettieren.
Maßnahme 12: Die Stellplatzsatzung wird dahingehend novelliert, dass der vorgeschriebene Kfz-Stellplatzbedarf von Bauvorhaben in der Altstadt durch die vertraglich gesicherte Umset-zung von innovativen Mobilitätskonzepten reduziert werden kann und der verbleibende Bedarf möglichst abzulösen ist. Angesichts der hervorragenden Erreichbarkeit der Altstadt mit den Verkehrsmitteln des Um-weltverbunds (bislang v.a. Fuß, Rad, ÖPNV) und der zu verbessernden Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr (siehe Maßnahmen oben) sind neue allgemeine Kfz-Stellplätze künftig entbehrlich. Zusätzlicher Quell- und Ziel-Verkehr mit Kfz in der Altstadt wird vermieden und mit den Ablösemitteln können weitere Angebote des Umweltverbunds in der gesamten Stadt finanziert werden. Die Ablöse-Verpflichtung könnte bis auf Null reduziert werden, wenn alter-native Mobilitätserleichterungen für die Gebäudenutzer (z.B. stark rabattierte ÖPNV-Tickets, Lastenfahrräder und Pedelecs mit geringer oder ohne Leihgebühr) dauerhaft und verbindlich angeboten werden. Zwingend auf das Auto angewiesene Bewohner und Gewerbe müssen Carsharing nutzen oder auf andere Objekte in der Altstadt bzw. in der Stadt ausweichen.
Maßnahme 13: P+R-Anlagen an den äußeren Zugangsstellen des ÖPNV werden bedarfsge-recht fortentwickelt und ggf. erweitert. Die Maßnahme fußt auf Festsetzung 5.4.9 des Nahverkehrsplans. Mit dem Pkw als Zu- und Abbringer des ÖPNV können Reisezeitverkürzungen erreicht und die Einzugsbereiche der Haltestellen erweitert werden. Allerdings können P+R-Anlagen das kompakte Hallesche Stadtgebiet mit überwiegend kurzen Quelle-Ziel-Distanzen nur geringfügig entlasten und zur Nachfrage-Stabilisierung des ÖPNV nicht viel beitragen, dem Zubringer-Busverkehr sogar schaden. Der Aufwand und die Inanspruchnahme von gut erschlossenen Flächen an Stra-ßenbahnhaltestellen, die auch andere Nutzungen anziehen, sind bei möglichen Neuerrichtun-gen behutsam abzuwägen. Die vorhandenen Kapazitäten sind derzeit ausreichend. Die Entwicklung der Nachfrage wird weiter beobachtet.